Die Geschichte vom neuen Jerusalem und den (nach bestimmten
Interpretationen) darin wohnenden 144.000 Auserwählten
ist sicherlich eine der problematischsten aller Bibelstellen
im Neuen Testament. Angehörige vieler religiöser
Gemeinschaften streben danach, zu diesem erlauchten Kreis
zu gehören, wenn die Zeit für das Ende der Welt
gekommen ist. Es sind - je nach Interpretation - entweder
nur diejenigen mit dabei, die ein besonders gottgefälliges
Leben geführt haben oder sie stehen bereits fest.
Das Buch
Bei dem "Buch des Lammes" handelt es sich nicht
um das bekannte Buch mit den sieben Siegeln (Offb. 5f), sondern
das "Lebensbuch" (Offb. 20,12.15 und Offb. 21,27).
In diesem Buch stehen (zumindest für bestimmte Glaubensrichtungen)
die 144.000 Auserwählten unter allen Gläubigen,
die nach dem Gericht Gottes über die Welt exklusiv
mit ihm in der heiligen Stadt, dem Neuen Jerusalem, wohnen
dürfen.
Das Neue Jerusalem
Die neue heilige Stadt Gottes kommt vom Himmel herab. Der
Seher Johannes hat diese Vision, als er auf einen Berg geführt
wird, wahrscheinlich eine Anspielung auf den Berg Zion. In
ihr wohnen die Auserwählten mit Gott und dem geschlachteten
Lamm (Jesus Christus) gemeinsam. Der Beschreibung nach hat
die Stadt die Form eines Würfels und ist von einer Mauer
umgeben. Sie hat keinen Tempel mehr, da Gott höchst persönlich
mit den Seinen in ihr wohnt.
Fragen, die sich aufdrängen
Die Skulptur erwuchs aus einer Fülle an Fragen. Es sind
vor allem Fragen nach Gottesbildern und nach dem eigenen Bibelverständnis:
Ist die Bibel wirklich Gottes Wort? Vor fast 500 Jahren dachte
Martin Luther darüber nach, die Johannes-Offenbarung
aus der Bibel zu entfernen. Für ihn waren viele Aspekte
nicht mit dem Rest des neuen Testaments vereinbar. Er mag
bei seinen Überlegungen über ähnliche Fragen
nachgedacht haben:
Was ist das für ein Gott, der durch Jesus Christus
erst das für alle gültige Heil unter die Menschen
trägt, um am Ende nur einen winzigen Teil seiner Anhänger
auszuerwählen und die anderen zu schrecklichen Qualen
zu verdammen?
Was ist das für ein Gott, der ohne Skrupel seine eigene
Schöpfung zerstört, wo er doch Noah versprochen
hat, es nicht mehr zu tun (1. Mose 9,8-17)?
Was ist das für ein Gott, der sich bei
seiner Schöpfung alle erdenkliche Mühe gibt, am
Ende aber eine hässliche, zerstörte Welt stehen
lässt?
Was ist mit dem Gott, der seine Schöpfung liebt und
sie dem Menschen zum bebauen und bewahren anvertraut, dann
aber im Jähzorn wie ein fehlgeleiteter Despot Mensch
und Schöpfung quält und misshandelt?
Was ist überhaupt an der Prophezeiung des Jesaja,
dass Wolf und Schaf einträchtig beieinander wohnen
(Jes. 11,6-9 und 65,25) oder der Zeit, in der Gott alle
Gebrechen heilt (Jes. 35,1-10)? Sind das nicht positive
Sinnbilder für den Frieden unter den Menschen und die
Harmonie zwischen Gut und Böse?
Weitere (exegetische)
Überlegungen zur Zahl der 144.000 finden Sie hier.
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