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  Der Mensch ist nicht die Krone  
     
     
  1. Mose 2,4-25: Das Paradies
 
     
 

Hinter den beiden Schöpfungsberichten steht jeweils ein unterschiedliches Menschenbild: Einmal ist der Mensch die Krone der Schöpfung, im anderen Fall ist er in die Schöpfung eingebettet und - in der Paradiesgeschichte - von ihr in symbiotischer Weise abhängig.

Theologisch gesehen ist der Mensch noch in einem weiteren Sinne abhängig: Er ist in seine eigene Geschöpflichkeit eingewoben und kann nur mit Gottes Gnade über die damit verbundenen Schwierigkeiten und seine eigenen charakterlichen Makel hinaus gelangen.


Schöpfungsfreundliches Menschenbild

Nach dem zweiten Schöpfungsbericht (1. Mose 2,4-25) sitzt der Mensch nicht wie im ersten (1. Mose 1,1 bis 2,4) als Krone auf der Spitze der Schöpfung, sondern ist stärker in sie eingebettet: Denn erst nach ihm werden Pflanzen und Tiere geschaffen. Hinter der zweiten Reihenfolge steht ein schöpfungs-freundlicheres Menschenbild: Indem der Mensch nicht als letzter erschaffen wird, kann er auch nicht als "Krone" die Vorherrschaft über die Schöpfung beanspruchen. Der "Garten der Welt" ist ihm als ganzer zum Bewahren anvertraut, was auch dessen Zerbrechlichkeit ausdrückt.

Die Qualle als Sinnbild des Zerbrechlichen
Diese Zerbrechlichkeit der Schöpfung wird hier durch die Quallenform versinnbildlicht. Die Qualle ist ein Tier, das fast nur aus Wasser besteht, der Grundlage des Lebens. Entfernt man sie aus dem Wasser, kann sie sich nicht mehr bewegen, kollabiert unter dem eigenen Gewicht und geht zugrunde.

Der Griff nach dem ewigen Leben
Der Mensch sitzt in dem fragilen Quallenkopf gefangen und kann nicht heraus. Sein Streben nach dem ewigen Leben, dargestellt durch die Blüte darüber, wird nicht von Erfolg gekrönt. Verließe er die Grenzen des ihm Möglichen, ginge er wie die Qualle zugrunde. Trotzdem fußt die Schöpfung, in der er sich befindet auf einem stabilen Stamm (Gott).

Trinität und Schöpfung
Durch die drei verlängerten Zehen vorne an der Figur wird der Aspekt der Wesenseinheit von Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist ausgedrückt - die Trinität. Nach dem Johannes-Evangelium fußt auf ihr die Schöpfung (Joh. 1,1-18). Ist diese Dreieinigkeit aber tatsächlich eine göttliche Wahrheit oder vielleicht eher eine menschliche Erfindung?

Incurvatio in se ipsum
Mit diesem lateinischen Ausspruch meinte Luther (und vor ihm der Kirchenvater Augustinus im 5. Jh) das Gefangensein des Menschen in seiner eigenen Geschöpflichkeit, seinen mit ihr verbundenen Grenzen, seinen Unzulänglichkeiten und Sünden. In der Figur wird dies durch zwei Dinge dargestellt: die Schnecke oberhalb des Fußes der Skulptur und den in der Kugel gefangenen Menschen. Er ist allein auf die Gnade Gottes angewiesen. Nur durch ihn erlangt er das Heil. Dass die Schnecke weit unten angebracht ist, verdeutlicht den Aspekt der "Ursünde", die hier den Stamm der Figur durchdringt. (Die "Ursünde" begeht Adam, als er sich zum Essen der Frucht vom Baum der Erkenntnis verleiten lässt.)

 
     

 

(Zur Illustration
siehe Bild links!)